Kirchlinde, d. 21.10.47

      Mein liebes Mädel Josi!
Heute mittag will ich Dir schnell einen
Brief schreiben, damit er heute noch mit
wegkommt. Heute morgen waren wir
gerade am Operieren, da kommt der Alte
rein. Ich habe ihn sofort gefragt, ob
ich nicht ab nächster Woche Urlaub
bekommen könnte. Da sagte der Alte
einfach, er käme Montag wieder, dann
könnte ich nochmal mit ihm sprechen.
Ja, jetzt bin ich genau so klug wie vor-
her. Es ist doch eine Schweinerei mit
dem Alten. Wenn man doch nur vernünf-
tig mit ihm reden könnte, Irgendetwas
passte ihm wieder nicht. Er sah zufällig,
dass eine andere Schwester als die Op.-Schwester
assistierte, dass gefiel ihm nicht, da
brummte er und zog ab. Etwas sagen
wollte er auch nicht. Gerade vorher hatte
meine Frage gestellt. Ich konnte ja auch
nicht von der Operation weg.
Was sollen wir ärmste nun machen?
Wo Du nun nicht Bescheid weisst, was
los ist, geht es nächste Woche überhaupt
nicht, wegen des Verkündens am Sonntag.
Jetzt bleibt uns nichts anderes übrig,
als nach dem 2. November die Hochzeit zu
verlegen. Ich schlage vor, Dienstag, den 4. Nov.
Nun sei bitte mir persönlich nicht böse.
Denn ich kann es nicht ändern. Die Anzeigen
kannst Du ja schon drucken lassen, aber
nicht das Datum, wohl „November” nicht
den Tag. Lass bitte für mich ruhig 45
Anzeigen drucken. 30 hatten wir zur
Verlobung, den Adressenzettel habe ich noch
hier. Ich hoffe ja nun doch, dass er mir
Montag sagt, ich könnte Urlaub bekom-
men. Aber ich weiss es nicht sicher. Der
Alte kann ebenso brummen und sagen,
der bekommt noch keinen Urlaub. Was
soll ich dann machen. Sofort kündigen
will ich ja auch nicht. Bitte sei mir nicht
böse. Schimpf einmal feste auf den Alten.

Viele Grüße an alle Lieben zu Hause bes.
unserer Mutter. Hoffentlich sinkt ihr Blutdruck.
Dir viele Grüße und herzl. Küsse von Deinem
                    Franz.

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Blatt 1/2 von 1947.10.21 Brief Franz an Josi



Blatt 2/2 von 1947.10.21 Brief Franz an Josi