20.-2.Oct.1946. - Liebe Mutter! Nun will ich Dir auch noch einen
Brief schreiben aus dem Entlassungslager. Soweit habe ich es nun schon
geschafft. Vielleicht, wenn ich jetzt das Gesuch in den Händen hätte, würde
ich gleich weitergehen. Aber so muss ich noch etwa vier Wochen warten.
Alle Ärzte, die hier durchgehen müssen hier diese Wartezeit durchmachen.
Aber man weiss hier wenigstens, wann man selbst ungefähr dran
ist. In einem Durchgangslager habe ich unerhörtes Glück gehabt, sonst wäre
ich dort „verheizt” worden. Ich war nur 2 Tage dort. Jetzt höre ich, dass dort alle Ärzte
festgehalten werden. Ich bin also jetzt hier „verheizt” worden beim Stamm. Jetzt ist
alles klar für mich. So hat man noch seine Sorgen mit der Entlassung. Jetzt gehen sogar
Tausende an mir vorbei nach Hause. Einige werden Euch Grüsse mitbringen. So Anfang
November werde ich, so Gott will, auch dabei sein. Jetzt habe ich aber noch eine vier-
wöchige Erholungszeit. So fasse ich diese Zeit auf, dann kommt man besser darü-
ber hinweg. Das Essen ist im Revier sehr gut. - Ich bin gespannt, wie es Euch
geht, und was ihr so treibt. Ich hoffe, dass Deine Briefe mir nach hier nachge-
schickt werden. Auf diesen Brief kannst Du mir ruhig einmal schreiben.
Ihr wisst jetzt, wie es mir geht und wie lange es noch dauert, bis ich komme.
Wartet in Geduld bis zu unserem frohen Wiedersehen bei Euch. Viele Grüsse an
Papa u. alle in Berge. Besonders güße ich Dich, mein liebes Mütterlein, Dein Franz.

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Blatt 1/1 von 1946.10.02 Brief Franz Gertrud