Nr.10.-Sonntag, d.28.Juli 46. - Liebe Mutter! Deinen lieben Brief von Ahden habe ich vorgestern
mit Freuden erhalten. Von Josefa habe ich vorher schon einen Brief erhalten, in dem sie von Dir berich-
tet, daß Du in Wewelsburg gewesen bist. Da hast Du ja eine eine gewaltige Reise gemacht. Ich hoffe,
daß Ihr alles klar gemacht habt. Jetzt wartet Ihr nur noch auf mich. Aber ich sitze hier
noch in Metz. Es ist maßlos traurig. Aber man spricht davon, daß bald dies Lager sehr
stark verkleinert wird und bis Ende August ganz aufgelöst wird. - Im Sauerland wird Richt-
fest und Verlobung gefeiert. Hoffentlich kann ich selbst auch dabei sein und eventuell selbst
feiern. - Was hatte denn Agnes? Weshalb mußte sie ins Krankenhaus? Meine Sachen hast
Du sicher nochmal nachgesehen, damit ich wenigsten etwas noch habe, wenn ich mal nach Hause kom-
me. Es wird wohl noch etwas dauern, bis es soweit ist. Ich muß ja Gott danken, daß ich we-
nigstens noch eine Heimat habe, wo ich wieder anfangen kann. Vor allem weiss ich, daß ich
Euch, liebe Eltern, und Josefa noch habe. Josefa schrieb mir, daß ein Freund von mir, mit
dem ich Examen gemacht habe, auch noch im Industriegebiet in Gefangenschaft war.
Aber ich frag mich nur, weshalb werden wir hier noch festgehalten? die Amerikaner sollten sich
Freiwillige holen. Sie würden genug bekommen für ihre Arbeiten. Der Pabst und die Bischöfe bemühen
sich ja auch immer um die Freilassung der Gefangenen. Aber auf die hört die Welt ja nicht. Reicht auf alle Fälle
durch Probst Aufenanger einen Antrag ein, wenn es geht. - Mir geht es noch gut, Essen auch. Aber ich habe
viel Last mit Leuten, die über den Arzt, der selbst nach Hause will, früher nach Hause gehen wollen. In St. Dizier habe
ich es noch gut gehabt. - Es grüßt Dich und Papa ganz herzlich Euer immer an Euch denkende Franz.

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Blatt 1/1 von 1946.07.28 Brief Franz Gertrud