21.                           Wewelsburg, d. 22.Juli 1946
                                  Metz, d. 2.8.46.

            Mein liebster Franz!
                    Heute erhielt ich Deinen Brief vom 1. Juli.
Meine Enttäuschung ist groß, an jedem Tag hatte ich mit Dir
gerechnet. Aber trotz des Briefes rechne ich noch jeden Tag mit Deinem
Kommen. Könnte ich Dich doch wenigstens einmal besuchen, wenn es
sich mit Deiner Entlassung noch so lange hinziehen sollte. Zuerst
war ich ganz trostlos. Aber was hilft's, schließlich habe wir das Leben
noch vor uns, da spielen so ein paar Monate keine Rolle. Liebster,
Du weißt, daß ich in Treue auf Dich warten werde. So ganz lange
wird es ja nun doch nicht mehr dauern bis wir uns für ganz u.
immer gehören dürfen. Und daß ich jeden Tag für dich bete, weißt
Du auch. Hat Euer Geistlicher eine hl. Messe für Vater gefeiert?
Es würde uns freuen.
Gestern nachmittag war ich wieder in Ahden. Deine Mutter besuche
ich gern. Leider will sie nur noch 1 Woche dort bleiben. Ich hatte
gehofft, sie käme erst einige Tage zu uns. Sie wird auch sehr
enttäuscht über Deinen Brief sein. Mutter u. Tante haben mich
gestern abend abgeholt. Auch sie haben noch eine ganze Zeit gemütlich
in Ahden verbracht, Gegen 11 Uhr waren wir wieder zu Hause.
Ausgang haben wir bis 11:30 Uhr. In der letzten Nacht haben
wir Furchtbares erlebt. In der Wirtschaft Dierkes ging es sehr gemüt-
lich zu. Heinrich u. Willi waren auch dort. Ganz ohne Grund wurde
Heinz Wimschulte, Willis bester Freund, von den Polen verhaftet. Das
Dorf steckt voll von polnischen Soldaten. Aber die Polen haben niemals
ein Recht dazu. Wäre der englische Kommandant rechtzeitig zur
Stelle gewesen, wäre keinem Wewelsburger ein Leid geschehen.
Es waren wohl 15 Polen u. mit Schußwaffen. Ungefähr bei Marx Hause
ist Wimschulten Heinz erschossen worden. Kennst Du ihn? Die Mutter
ist aus Tewes Hause. Willi war ganz in seiner Nähe, ihm ist nichts
passiert, auch Heinrich nicht, wie Mutter erst glaubte. Der Lummert
hat Schläge gekriegt, aber weiter nicht von Bedeutung. Ich habe
den letzten Schrei von Wimschulte um Hilfe gehört. Diesen Todesschrei
werde ich nie vergessen. Es war entsetzlich. Hoffentlich bleibt Ruhe im
Dorf. Man muß alles still über sich ergehen lassen. Es ist nicht leicht.
Hoffentlich werden nun die Wewelsburger Mädchen klug. Es ist
einfach unglaublich wie einige mit den Polen hausen. Sie hätten
nichts besseres verdient, als das man sie anspuckt. Die ganze Sache
hat man dem deutschen Gericht übergeben. Der Täter hat sich selbst
gemeldet.
An einem der nächsten Abende gehe ich wieder nach Ahden. Ich werde
jetzt aber immer rechtzeitig nach Hause gehen. Vor einigen Wochen ist
auf der Postecke ein deutscher Mann von einem Polen erschossen worden.
Aber um mich brauchst Du Dich nicht zu sorgen. Mir ist noch nie
einer frech gekommen.
Alles Gute u. 1000 sehnsüchtige Grüße empfange von
                                      Deiner
                                          Josi.

Auch von den anderen die besten
Grüße u. Wünsche.

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Blatt 1/2 von 1946.07.22 Brief Josi an Franz



Blatt 2/2 von 1946.07.22 Brief Josi an Franz