13.                           Wewelsburg, d. 29.Mai.1946
                                  Metz, d. 11.6.46.

            Mein Liebster Waldo!
              Manchmal bilde ich mir ein, ich brauche Dir nicht mehr
zu schreiben, Du kämest bald. Hätte ich doch recht damit. Was
ist es nun schon lange her, als wir uns zuletzt sahen.
Vor 3 Jahren warest Du zu meinem Geburtstag hier. Danach war
es so schön u. wir waren glücklich. Wir werden doch nun wohl
nicht mehr allzu lange von der Erinnerung zehren müssen.
Liebster, wärest Du doch endlich, endlich hier!
Augenblicklich haben wir die Kühe auf Topshöfen, da müssen Hanna
u. ich immer des morgens schon sehr früh los. Es ist ja wunderbar
schon in aller Herrgottsfrühe draußen zu sein, aber noch mehr liebe
ich des morgens den Schlaf. Heute morgen sahen wir 3 Wildschwei-
ne. Ganz wüste Tiere, man konnte bange werden.
Hanna war wieder zum Arzt. Sie bekommt wieder Spritzen, am Herzen
hat sie es auch. Rubarths Mia bekam gestern die erste Post von
ihrem Iwan. Er schreibt französisch, viel deutsch kann er nicht.
Unsere Mia hat ihr den Brief übersetzt. Es ist doch scheußlich
wenn man seine Liebesbriefe nicht selbst lesen kann. Iwan will
auf jeden Fall zurück kommen u. Mia heiraten. Raymund ist
seit 2 Monaten verheiratet.
Liebster, ich hoffe, daß es Dir gut geht. Von Deiner Mutter bekam
ich einen Brief. Ich müßte ihr morgen schreiben. Heute abend bin
ich so müde. Morgen werde ich no(Klecks)
                          Christi Himmelfahrt.
Liebster, nachdem ich gestern den Klecks gemacht hatte, habe ich mit diesem
Brief aufgehört. heute morgen sind wir schon einmal durchgeregent beim
Milch holen. Hoffentlich wird das Wetter wieder schön, daß wir heute nachmittag
nach Böddeken gehen können. In diesem Jahr haben wir auch wieder die Bittpro-
zession gehalten. Ich war an allen 3 Tagen mit. Am Montag waren Hilde u.
Ulrich hier. Der Kleine ist so lieb, er ist auch viel hübscher als Lothar in
dem Alter war. Aber so kräftig wie Lothar war, ist er längst nicht.
Meinolf kann mir die Möbeln leider nicht besorgen. Ich werde schon welche
bekommen wenn es Zeit ist. Für Dich müssen die Aussichten eigentlich gut sein
weil Du doch nicht in der Partei warst. Mia wird wohl noch keine Anstellung
kriegen, weil sie Parteimitglied war.
Bist Du wohl bis zum 1. Juli hier? Otto hat sich für 1/4 Jahr bei den Amerikanern
verpflichtet, sonst hätte er zu den Franzosen müssen. Du hast hoffentlich mehr
Glück. Als Du mir damals zu einem Lehrgang in Sprechstundenhilfe rietest,
war ich sehr dafür. Aber Du schriebst garnichts mehr davon. Zudem könnten
Mutter und Hanna die Arbeit auch nicht allein schaffen. Hanna legt sich
jeden Tag etwas hin. Ich arbeite auch nicht übermäßig. Die Zeiten sind vorbei.
Es wird jetzt Zeit zum Hochamt zu gehen.
Alles Gute u. 1000 herzliche Grüße von
                              Deiner
                                  Josi.

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Blatt 1/2 von 1946.05.29 Brief Josi an Franz



Blatt 2/2 von 1946.05.29 Brief Josi an Franz